Wofür es sich lohnt zu leben
In unserem Zeitalter gehört es zum guten Ton über den Sinn seiner Arbeit oder neudeutsch Purpose intensiver nachzudenken. Aber was ist der Sinn hinter so manchen Jobs? Bei Krankenpfleger:innen oder Notfallärzt:innen ist der Sinn mehr als offensichtlich, bei anderen Aufgaben weniger.
Wenn Menschen sich in Transition begeben wollen oder sich darauf vorbereiten, ist für uns die Suche nach dem ureigenen Sinn, der Grund warum Sie jeden Tag für ihren Job aufstehen, ganz wesentlich. Eine für uns sowohl in der Gruppe als auch im Einzelcoaching sehr bewährte Methode ist hierfür das IKIGAI. Das Konzept sowie seine Anwendung auch für Sie persönlich ist im Folgenden erklärt und beschrieben.
IKIGAI ist ein aus Japan stammendes Konzept, das sich mit der Frage auseinandersetzt, warum es sich lohnt zu leben bzw. zu lieben, was man tut, zu mögen, was einen umgibt. (IKIGAI: Die japanische Lebenskunst , 2022) «Iki» steht für «Leben» und «Gai» für Sinn. Es basiert auf der Vorstellung, dass Leben und auch Arbeiten erfüllender ist, wenn man seine Leidenschaften, Talente und Werte in Einklang bringt und so für sich seinen Sinn schafft. Fünf Merkmale zeichnen die Philosophie des IKIGAIs aus: Klein anzufangen, loslassen lernen, Harmonie und Nachhaltigkeit leben, die Freude in kleinen Dingen erleben und im Hier und Jetzt sein.
An ihr IKIGAI kommen Sie nun, in dem Sie sich den vier großen Feldern Leidenschaft/Passion, Berufung, Profession und Mission intensiv widmen, dabei meint Leidenschaft: Sie leben und tun, was Sie lieben und was Sie begeistert und motiviert. Es macht Spaß, am Morgen aufzustehen und dem zu folgen. Der Tag ist herausfordernd, aber nicht mühsam. Berufung: Sie haben für sich eine (Lebens)Aufgabe gefunden, in der Sie für die Dinge gelobt werden, die Sie können und gerne tun. Sie erleben, dass Sie Mehrwert für die Gesellschaft schaffen. Und für sich selbst. Profession: Sie haben einen Job, in dem man Sie schätzt und in dem Sie Ihre Stärken einbringen und damit noch ausbauen können und dafür werden Sie fair bezahlt. Mission: Sie haben eine Aufgabe im «höheren» Sinne, die vielleicht der Gesellschaft ja sogar der Welt Nutzen bringt.
Nun dürfen Sie sich ein wenig Zeit für sich nehmen, Sie brauchen Platz, ein großes Papier, Farbstifte und Post-it’s in vier verschiedenen Farben.
Malen Sie sich vier große Kreise, die ineinander übergehen wie auf unserer Abbildung.
Und dann starten Sie mit der Frage – was Sie lieben, und zwar genauso breit und allgemein, wie sie hier gestellt ist. Lösen Sie sich von Ihrem aktuellen Job oder dem, was Sie immer tun. Denken Sie an Dinge, die Sie lieben, egal was es ist. Es kann Ihre Familie sein, es können Dinge sein, die Sie mögen. Bei welchen Tätigkeiten fühlen sie sich glücklich? Was sind Ihre Lieblings-Hobbies oder Aktivitäten, wie z.B. Tanzen, kochen aber auch Orte, die sie besonders mögen wie vielleicht das Meer oder die Berge?
Sammeln Sie alles, was Ihnen einfällt. Denken Sie nicht zu viel nach. Betrachten Sie es wie eine Brainstorming Übung. Es gibt kein richtig oder falsch, kein zu viel oder zu wenig. Sammeln Sie so lange, bis Ihnen nichts mehr einfällt und der Übersicht halber alles auf Post-it’s in einer Farbe, die für das, was Sie lieben, steht. Wenn Sie damit fertig sind, können Sie diese auch alle in den großen Kreis für «was sie lieben» oder Leidenschaft kleben.
Als nächstes machen Sie die gleiche Übung für den Kreis Berufung und stellen Sie sich Fragen wie z.B. Was können Sie richtig gut, vielleicht auch besser als viele andere? Was sind Talente, Fähigkeiten und besondere Erfahrungen, die Sie haben? Sammeln Sie auch hier so viel Input wie möglich, schreiben Sie diesen auf Zettel in einer anderen Farbe und pflegen diese dann in das Feld «Worin sie gut sind» ein.
Machen Sie Pausen und «meditieren» sie ruhig ein bisschen über den Fragen und versuchen Sie so wenig wie möglich zu bewerten. Schreiben Sie alles auf und wenn es auch noch so wenig mit dem zu tun hat, was Sie vielleicht heute meistens tun.
Das gleiche Vorgehen wählen Sie nun für den Kreis «wofür sie bezahlt werden». Sammeln sie alles, wofür Sie monetär oder aber auch mit Wertschätzung und Anerkennung bezahlt werden und verorten es in dem dritten Kreis.
Der vierte und letzte Kreis dreht sich dann um die Frage «was die Welt von ihnen braucht» bzw. welchen Beitrag und Mehrwert Sie für die Gesellschaft leisten oder was vielleicht fehlen würde, wenn Sie nicht da wären?
Wenn Sie alle vier Felder für sich erschöpfend beantwortet haben und einige Post-it’s gesammelt haben und diese in den jeweiligen Feldern lokalisiert haben, kommt die schwierigste Übung: Sie schauen jetzt die Schnittmengen an, mit dem Ziel zu einem oder wenigen Begriffen, Aktivitäten oder Eigenschaften zu kommen. Das machen Sie idealerweise immer mit zwei Kreisen und deren Schnittmengen bis Sie alle durchdacht und
Ihre Zettel deutlich reduziert haben. Es kann sein, dass Sie ein paar Durchgänge brauchen und immer wieder ein wenig abstrahieren und überlegen müssen bzw. in sich gehen müssen, was ist wirklich die Essenz aus diesem Kreis.
Den meisten macht diese Übung große Freude und sie werden nicht müde ihr IKIGAI zu suchen und an ihm zu feilen. Dabei lassen Sie bitte vor allem zu viel Leistungsorientierung und Perfektion außen vor. Es kommen nicht selten Begriffe wie Inspiration, Empower others, Care, heilen, die Welt bessermachen, also übergeordnete Meta-Themen auf den Tisch, die vielleicht mit Ihrem aktuellen Job gar nicht soviel zu tun haben. Auf den zweiten Blick(?) meist dann schon mehr.
Wenn Sie in Transition sind oder eine planen, dann ist es perfekt, wenn Sie ihr gefundenes IKIGAI immer im Hinterkopf haben. Sie werden merken, wie es Sie trägt. Selbst wenn Sie einige Anläufe brauchen. Es kann sein, es bleiben ein paar für Sie wichtige Zettel und Sie können sich nicht entscheiden. Dann lassen Sie es ein paar Tage oder Wochen an einem Ort liegen, an dem Sie immer vorbeikommen und schauen drauf, Sie werden merken, irgendwann wissen Sie – «das ist es» – mein IKIGAI. Das IKIGAI kann der Grund sein, warum Ihnen manche Berge niemals «zu hoch» erscheinen und Sie gerne, bereitwillig und ohne Mühe die Extrameile gehen, wo andere staunen, warum Sie das alles auf sich nehmen.
Denn das IKIGAI hat kein festes Ziel. Es ist eine Lebensaufgabe, ein fortlaufender Prozess, bei dem Sie ständig daran arbeiten können, Ihre Leidenschaften und Talente weiterzuentwickeln und in Einklang zu bringen.
Es ist eine philosophische Idee, die Menschen dazu ermutigt, ihr Leben bewusst zu gestalten und nach Bedeutung und Erfüllung zu suchen, und zwar lebenslang und manchmal immer wieder aufs Neue, weshalb es für uns auch eine so gute Übung speziell in Transitions ist.